Wingert-Report 2020 Nr.6
25/11/2020Sendung mit der Maus – Toller Film über die Mistel
16/12/2020Die Mispel – eine seltene Wildobstart für Streuobstwiesen
(28. November 2020, GS) Die Echte Mispel (Mespilus germanica) ist eine uralte Kulturpflanze und hatte früher große Bedeutung in Bauern- und Klostergärten. Leider ist diese ursprünglich aus Vorder- und Mittelasien stammende Kernobstart etwas in Vergessenheit geraten. Sie ist bei uns selbst in strengen Wintern frosthart und nicht mit der frostempfindlichen, immergrünen Japanischen Wollmispel verwandt, deren Früchte unter der Bezeichnung „Loquats“ angeboten werden. Die Echte Mispel gilt als anspruchslos und verträgt auch sommerliche Hitzeperioden sehr gut.
Blüten, Blätter und Früchte weisen einen hohen Zierwert auf. Die lanzettlich geformten Blätter erreichen bis zu 15 cm Länge und färben sich im Spätherbst leuchtend goldgelb (siehe Bild). Da die einzeln stehenden, 3 - 5 cm großen, cremeweißen Blüten erst ab Ende Mai erscheinen, sind sie nicht durch Spätfröste gefährdet. Die Blüten werden gerne von Honigbienen, aber auch seltenen Wildbienenarten und Solitärwespen besucht. Ein Blickfang sind auch die kelchförmigen, gold-braunen Früchte, die je nach Sorte 5-7 cm Größe erreichen können.
In Baumschulen sind neben der Wildart verschiedene großfrüchtige Mispelsorten erhältlich, die meist auf Quitte, Birne oder Weißdorn veredelt wurden und nicht als Strauch, sondern baumartig wachsen. Der Habitus ähnelt dem von Quittenbäumen, wobei Stamm und Leitäste gerne bizarr verdreht und breit ausladend wachsen. Diese Wuchsform und das sehr dichte Laubwerk können dazu führen, dass unter dem Baum keine anderen Pflanzen gedeihen. Da die Mispel gut schnittverträglich ist, kann sie aber in Form gehalten werden. Für die ersten Jahre nach der Pflanzung empfiehlt sich ein Stützpfahl und ein winterlicher Kalkanstrich als Schutz gegen Frostrisse. Wie Apfel, Birne und Quitte können auch Mispelbäume von Frostspannerraupen (Anfang Oktober Leimringe am Stamm anbringen) und Feuerbrand befallen werden.
Die Früchte der Echten Mispel gelten als gesundheitlich sehr wertvoll, sind jedoch aufgrund ihres hohen Gerbsäuregehalts erst ganz spät im Jahr genießbar. Bis Oktober bleiben sie steinhart und sehr herb, gegen Ende Oktober/Anfang November färben sie sich dunkelbraun, und das Fruchtfleisch wird teigig-weich mit einem leicht säuerlichen, angenehmen Aroma. Entgegen früherer Annahmen fördern weder Frosteinwirkung noch ein kurzzeitiges Einfrieren im Tiefkühlschrank diesen Prozess. Die Früchte können mehrere Wochen gelagert werden und eignen sich zur Herstellung von Säften, Gelees, Marmeladen und Mus, für Liebhaber auch zum Rohverzehr. An den Bäumen hängen gebliebene Früchte stellen für die gefiederten Wintergäste eine wertvolle Nahrungsquelle dar.
Misteln an Apfel-Hochstämmen
„Mispel“ und „Mistel“ werden aufgrund ihrer Namensähnlichkeit gerne verwechselt. Die Zweige der Mistel spielen insbesondere im angelsächsischen Raum bei der Advents- und Weihnachtsdekoration eine Rolle. Sie werden an der Decke oder im Türrahmen aufgehängt, und wenn sich ein Paar unter dem Zweig begegnet, so darf es sich küssen. Die Mistel war bereits im Altertum als Gift-, aber auch Heilpflanze bekannt. Fans von „Asterix & Obelix“ wissen, dass Misteln mit Hilfe einer Sichel aus den Bäumen geschnitten und von den Druiden bei kultischen Handlungen verwendet wurden. Auch in der heutigen Zeit haben Misteln noch Bedeutung in der Medizin, z.B. bei der Behandlung von Tumoren.
Auf überalterten und schlecht gepflegten Streuobstwiesen ist häufig ein massiver Befall durch die weißbeerige Mistel (Viscum album) zu beobachten. Die kugeligen, immergrünen Büsche dieses Halbschmarotzers fallen jetzt im Winter besonders auf. Die Pflanze ist zweihäusig und blüht von Ende Februar bis April. Die weißlichen Früchte (Scheinbeeren) reifen erst im November/Dezember und sind im Winter eine beliebte Nahrungsquelle für viele Vögel. Sie enthalten einen klebrigen Schleim, durch den die Samen am Holz haften bleiben und auf feuchter Borke auskeimen können. Durch Vogelkot werden die Samen auch über weitere Entfernungen verbreitet. Da der Strauch nur sehr langsam wächst, kann er sich in den ersten Jahren oft unentdeckt entwickeln. Die Wurzeln dringen bis zum Holzkörper vor und entziehen dem Wirtsgehölz Wasser und Nährstoffe. Infolge ihrer grünen Belaubung sind sie aber nicht auf seine Assimilate angewiesen. Dennoch kann die Wirtspflanze erheblich geschwächt werden, zumal eine Mistelpflanze mehrere Jahrzehnte alt werden kann. Oberhalb der Mistel liegende Astabschnitte brechen zuweilen ab. Um dies zu verhindern und auch, um das Samenpotential zu minimieren, sollten Misteln aus Obstbäumen entfernt werden. Die Pflanze steht nicht unter Naturschutz, nur das gewerbliche Sammeln bedarf einer behördlichen Genehmigung.
Bei Laubgehölzen ist generell eine Befallszunahme zu beobachten. Experten führen dies auf die Klimaerwärmung zurück, da auch eine Ausbreitung in höher gelegene Lagen erfolgt.